Die Heilstätten von Beelitz

Die Heilstätten von Beelitz sind der Inbegriff eines vergessenen Ortes. Auf rund 200 Hektar verteilen sich 60 Gebäude, die mehr oder weniger dem Verfall und sinnlosem Vandalismus ausgesetzt sind. Allerdings könnten sich die Beelitzer Heilstätten zu einem Musterbeispiel für den Umgang mit vergessenen Orten entwickeln.

Die Geschichte der Heilstätten

Eine Tuberkulose-Epidemie in Berlin um die Jahrhundertwende des 19. zum 20. Jahrhunderts veranlasste die damalige Landesversicherungsanstalt Berlin zum Bau eines bis dahin einmaligen Sanatoriums. Berlin als Millionenstadt und Herrberge für rund zwei Millionen Bürger war idealer Brutplatz für das Tuberkel-Bakterium, dem zu dieser Zeit jährlich etwa jeder siebte Mensch deutschlandweit zum Opfer fiel.Beelitz-12 Robert Koch entdeckte 1882 den Tuberkulose-Erreger und war seit 1885 Professor für Hygiene an der Universität zu Berlin. Der Bau der Beelitzer Heilstätten und insbesondere die hygienischen Gesichtspunkte beim Bau orientierten sich an Kochs Erkenntnissen. So wurden beispielsweise Fliesen mit runden Kannten verbaut, damit sich dort keine Bakterien in den Fugen sammeln konnten. Sämtliche Fliesen stammten übrigens von Villeroy & Boch.
Die erste Bauphase der Heilstätten erstreckte sich von 1898 – 1903. Es wurde Platz für 600 Betten errichtet. In der zweiten Bauphase von 1908 – 1910 wurde die Anzahl der Betten auf 1200 erhöht. Die Heilstätten wurden speziell für die Arbeiter der Millionenstadt Berlin errichtet, weil den Arbeitgebern in Berlin und dem Umland immer mehr wertvolle Arbeitskräfte verloren gingen.Beelitz-10
Die Behandlung setzte vorwiegend auf absolute Hygiene und die Selbstheilungskräfte des menschlichen Körpers. Ein sehr wesentlicher Umstand dabei war, dass den Patienten eine Umgebung geschaffen wurde, in welcher sie sich komplett wohlfühlen sollten. Es sollte nichts an ein Krankenhaus erinnern. Dies führte dazu, dass die Architektur der Heilstätten nach außen hin sehr detailreich und verschnörkelt wirkt. Es wurden kleine Türmchen, Erker, kunstvolle Fenster und bunte Verglasungen errichtet. Die Fassaden wurden verklinkert. Das Fachwerk dient ebenfalls nur der Dekoration – alles auf modernem Beton montiert. Die Patienten sollten sich mehr wie auf Urlaubsreise, denn wie in einem Krankenhaus fühlen.
Es wurde das erste Heizkraftwerk mit Kraft-Wärme-Kopplung erbaut. Durch ein ausgeklügeltes Heizsystem waren sämtliche Zimmer hygienisch und zugluftfrei auf gemütliche 23 Grad beheizt. Die Wärmezufuhr verlief unter den Wegen des Sanatoriums, sodaß im Winter mit dieser Fußbodenheizung für schneefreie Wege zwischen den Häusern gesorgt wurde. Die Patientenzimmer und Balkone liegen komplett nach Süden ausgerichtet. Hohe, große Fenster, freundliches Tageslicht und natürlich Einzelzimmer – letzteres aber nur wegen der Ansteckungsgefahr.
Im ersten und zweiten Weltkrieg wurde das Sanatorium zu einem Lazarett umfunktioniert. Der Gefreite Adolf Hitler verbrachte während des ersten Weltkrieges ebenfalls einige Zeit in den Heilstätten. Leider waren die Kliniken sehr gut – er überlebte.
Nach dem zweiten Weltkrieg wurde das Gelände  der Heilstätten durch die russische Armee genutzt. Es war Sperrgebiet und das größte Militär-Krankenhaus außerhalb Rußlands. Auch nach der Wende betrieben es die Russen noch bis 1994.

Die Heilstätten heute

Nach der Wiedervereinigung Deutschlands und dem Abzug der russischen Armee wäre eigentlich die Landesversicherungsanstalt wieder der rechtmäßige Eigentümer gewesen. Doch Sanierung und Unterhalt des unter Denkmalschutz stehenden Komplexes waren viel zu teuer und man hielt es für besser, das Gelände zu verkaufen. Ein Investor kaufte es schließlich und begann mit der aufwändigen Sanierung, die auch in Teilbereichen sehr erfolgreich durchgeführt wurde. Leider musste der Eigentümer 2001 Konkurs anmelden. So ist die Sanierung überwiegend zum Erliegen gekommen. Vieles verfällt und wird von hirnlosen Idioten zerstört. Seit 2008 wird mit Hilfe eines neuen Investors an einer Nutzung des Geländes gearbeitet.

Legaler Besuch der Heilstätten

Beelitz-5Das Gelände um die Heilstätten ist Privatbesitz und wird von einem Wachdienst bewacht. Der Charme des Vergessenen ist mit Sicherheit noch vorhanden, aber mit genau solcher Sicherheit ist Beelitz kein vergessener Ort mehr. Seit September 2015 können Touristen Teile des Geländes auch auf einem Baumkronenpfad erkunden. Dieser führt um und über eine Ruine des Pavillons B IV, welcher vor Jahren ausbrannte und auf dessen Dach sich nun ein dichter Wald ausgebreitet hat.
Sehr zu empfehlen sind Fototouren, die von der Firma go2know angeboten werden. So kommt man legal und mit ausreichend Zeit in die Gebäude.

Weitere Informationen:

Beelitz Heilstätten – WikipediaBeelitz selbstBeelitz Heilstätten

 

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